Interview mit Martin Habersaat

Müssen Lehrerinnen und Lehrer Weihnachtsgeld bekommen? Eine Antwort gibt Ihnen unser bildungspolitischer Sprecher, Martin Habersaat.

Herr Habersaat, Sie haben der Landesregierung wiederholt eine rückwärtsgewandte Bildungspolitik vorgeworfen. Warum?

Das dreigliedrige Schulsystem, dessen Kernidee die Sortierung von Schülerinnen und Schülern war und die Angst, von der Schule zu fliegen oder sitzenzubleiben von manchen für ein wichtiges Mittel der Pädagogik gehalten wurde, ist bei uns überwunden. Mit der Notenpflicht für Grundschulen, der Trennung der Lehrerausbildung ‚nach Ständen‘ und der schriftlichen Schulartempfehlung kehrt leider gerade manches zurück. Ich dagegen glaube, dass Lust auf Leistung ohne Angst besser funktioniert.

 

Im September 2018 bescheinigte die Bertelsmann-Studie dem Land Schleswig- Holstein, beim Thema Inklusion vorne dabei zu sein. Aber auch hier ist Luft nach oben. Was muss besser werden?

Es geht in Schleswig-Holstein schon lange nicht mehr um den Reiz der großen Zahl, um die reine Inklusionsquote. Seit Jahren ist Konsens, dass Qualität statt Quantität gefördert werden muss. Mehr Personal für die Schulen, bessere Ausstattung. Inklusion ist inzwischen auch verbindlicher Teil der Lehrkräftebildung. Ich hoffe, das will niemand rückgängig machen. Wichtig ist für mich aber auch das Bekenntnis: Wir sind hier auf dem Weg, ein Menschenrecht umzusetzen, wir kehren nicht wieder um.

 

Deutschland gehört zu den wenigen Ländern, in denen die meisten Schülerinnen und Schüler mittags nach Hause geschickt werden. Früh nach Hause – das ist doch gut, oder?

Momentan fühlt es sich vermutlich für die meisten Schülerinnen und Schüler gut an, früh nach Hause zu kommen. Wir müssen aber dahinkommen, dass die Aufenthaltsqualität und das Angebot an den Schulen so gut werden, dass man dort gerne bleibt. Ein gutes Mittagessen in gemütlicher Atmosphäre gehört dazu – gerne auch mal selbst zubereitet. Außerdem finden nicht alle Schülerinnen und Schüler zu Hause ein aktivierendes und förderndes Umfeld vor. Auch hier ist die Ganztagsschule ein wichtiger Ansatzpunkt.

 

Müssen Lehrerinnen und Lehrer Weihnachtsgeld bekommen?

Zunächst einmal muss man Versprechen einhalten. Als CDU und SPD in einer Großen Koalition das Weihnachtsgeld abgeschafft haben, gab es das Versprechen, dies bei guter Haushaltslage rückgängig zu machen. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, leider steht nur die SPD zu ihrem Wort. Der Blick auf die vielen fehlenden Fachkräfte an den Schulen zeigt zudem, dass wir die Attraktivität des Berufs nicht aus den Augen verlieren dürfen. Und natürlich ist Geld da ein wichtiger Punkt.

 

Schauen wir in die Zukunft: Wie könnte die Bildungslandschaft in zehn Jahren aussehen, wenn die SPD ihre Vorstellungen umsetzen könnte?

Alle Schularten wären gleichberechtigt, sie fördern und fordern individuell alle ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler. Es herrscht Lust auf Leistung und nicht Angst vor Repression. Die Schulen wären alle so ausgestattet und die Lehrkräfte so ausgebildet, dass man selbstverständlich mit digitalen Medien arbeiten kann, wenn es pädagogisch sinnvoll erscheint. Schulen sind den ganzen Tag über mit Leben erfüllt und mit ihren Gemeinden vernetzt. Zum Schuljahresende kochen die Schülerinnen und Schüler für ihre Eltern ein Menü mit selbst hergestellten Lebensmitteln.

 

Martin Habersaat